Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen während der Corona-Krise

Durch die Covid-19-Pandemie bedingte Auftrags- und Lieferengpässe wie auch staatliche Schutzmaßnahmen führen bei vielen Arbeitgebern zu einem deutlichen Arbeitsausfall und häufig zu finanziellen Schwierigkeiten.

Betriebsbedingte Kündigungen erscheinen dann manchmal als unvermeidlich, dürfen nach der Rechtsprechung aber nur ausgesprochen werden, wenn kein milderes Mittel, wie z.B. die die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz oder eine Änderungskündigung in Betracht kommt. Ein aktuell sehr wichtiges milderes Mittel ist die Einführung von Kurzarbeit, also die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit in einem Betrieb oder Betriebsteil.

Bitte beachten Sie:

In der aktuellen Situation ist es wichtig, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmliche Lösungen suchen. Dennoch gelten auch weiterhin die arbeitsrechtlichen Fristen! Das heißt, dass Sie nach einer Kündigung binnen drei Wochen Kündigungsschutzklage bei Gericht einreichen bzw. von Ihrem Anwalt einreichen lassen müssen, da ansonsten eine unwirksame Kündigung als wirksam gilt. Auch wenn Sie einen Aufhebungsvertrag vorgelegt bekommen oder bereits unterzeichnet haben, sollten Sie bei Zweifeln schnell rechtlichen Rat einholen.

Wie kann Kurzarbeit wirksam eingeführt werden?

Welche Voraussetzungen müssen für die wirksame Einführung von Kurzarbeit nach den §§ 95 ff. des 3. Sozialgesetzbuches (SGB III) vorliegen?

  • Der Betrieb muss mindestens einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.
  • Es muss ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegen. Nach den neuen Regelungen zu Covid-19 ist das der Fall, wenn mindestens 10 % der Beschäftigten einen Entgeltausfall von mehr als 10% ihres regulären Gehaltes hätten.
  • Der Arbeitsausfall darf nur vorrübergehend sein.
  • Der Arbeitsausfall muss unvermeidbar sein. Das ist er unter anderem nicht, wenn noch bezahlter Urlaub (laut Bundesagentur für Arbeit gilt dies während der Corona-Krise nur für Urlaub des Vorjahres) oder ein positives Arbeitszeitkonto (Abbau von Überstunden) eingesetzt werden kann.
  • Die betroffenen Arbeitnehmer dürfen vor der Kurzarbeit nicht gekündigt worden sein. Auch ein Aufhebungsvertrag darf nicht geschlossen worden sein.
  • Der Arbeitgeber muss den Arbeitsausfall unverzüglich der Bundesagentur für Arbeit anzeigen, § 99 SGB III.

Auch wenn alle diese Voraussetzungen vorliegen, kann der Arbeitgeber Kurzarbeit nicht einseitig anordnen. Vielmehr muss er hierfür eine rechtliche Grundlage haben. Er kann Kurzarbeit wirksam einführen, wenn entweder

  • eine wirksame Regelung im einzelnen Arbeitsvertrag dies zulässt,
  • eine wirksame Regelung in einem anzuwendenden Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung es zulässt,
  • bei leitenden Angestellten eine Sprecherausschussrichtlinie es zulässt,
  • der Betriebsrat zustimmt,
  • in betriebsratslosen Betrieben der Arbeitnehmer zustimmt,
  • der Arbeitgeber eine entsprechende Änderungskündigung ausgesprochen hat und diese wirksam ist, oder der Arbeitnehmer sich gegen eine unwirksame Änderungskündigung nicht rechtszeitig gerichtlich gewehrt hat (3 Wochen Frist!).

Was passiert, wenn die Einführung der Kurzarbeit nicht rechtmäßig erfolgt ist?

Erfolgte die Einführung von Kurzarbeit nicht rechtmäßig, kann der Arbeitnehmer einen Anspruch auf den sogenannten Annahmeverzugslohn, d.h. sein übliches Gehalt haben (BAG v. 27.1.1994 – BAG Aktenzeichen 6AZR54193 6 AZR 541/93).

Kann trotz Kurzarbeit das Arbeitsverhältnis gekündigt werden?

Auch im Rahmen der Kurzarbeit kann der Arbeitgeber Kündigungen gegenüber den sich in Kurzarbeit befindenden Arbeitnehmern aussprechen. Und zwar sowohl aus personenbedingten und verhaltensbedingten als auch aus betriebsbedingten Gründen. Bei der betriebsbedingten Kündigung müssen aber neben den Gründen, die zur Kurzarbeit geführt haben, noch weitere Gründe hinzukommen.

Wieviel Kurzarbeitergeld wird für wie lange gezahlt?

Das Kurzarbeitergeld beträgt für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 67% des ausgefallenen Nettoentgelts und für Arbeitnehmer ohne Kind 60% des ausgefallenen Nettoentgelts, § 105, 106 SGB III. Bei einem Verdienst über der Beitragsbemessungsgrenze wird nur die Differenz des neuen Nettoentgelts während der Kurzarbeit bis zur Beitragsbemessungsgrenze zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung (und nicht bis zum bisherigen Netto-Entgelt) zugrunde gelegt. Weitere Aufstockungen durch den Arbeitgeber sind freiwillig möglich. Die Gewährung von Kurzarbeitergeld erfolgt zunächst für die Dauer von längstens zwölf Monaten, kann jedoch auf 24 Monate verlängert werden.

Aktualisierung: Der Bundestag hat am 14.05.2020 im Rahmen des Sozialschutzpakets II weiterer Maßnahmen beschlossen, um die Auswirkungen der Corona-Krise abzumildern. So steigt das Kurzarbeitergeld für Beschäftigte, deren Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert ist, ab dem vierten Monat auf 70 Prozent und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent des pauschalierten Nettolohns. Eltern bekommen ab dem vierten Monat 77 Prozent und ab dem siebten Monat beziehungsweise 87 Prozent. Darüber hinaus werden die bereits bestehenden Hinzuverdienstmöglichkeiten für Beschäftigte in Kurzarbeit mit einer Hinzuverdienstgrenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens bis zum 31. Dezember 2020 verlängert und für alle Berufe geöffnet (Stand 15.05.2020).

Aktualisierung: Der Koalitionsausschuss der großen Koalition hat am 25.08.2020 - unter anderem - eine Verlängerung der Corona-bedingten Regelungen zum Kurzarbeitergeld beschlossen. Demnach soll die Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds (und der erleichterte Zugang dazu) auf bis zu 24 Monate, also längstens bis Ende 2021, verlängert werden. Dies gilt für alle Betriebe, die bis zum 31.12.2020 Kurzarbeit eingeführt haben. Die bisherige Aufstockung auf 70 bzw. 77 und 80 bzw. 87 Prozent bleibt für diese Betriebe erhalten. Die volle Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge wird bis Ende Juni 2021 verlängert (Stand 26.08.2020).

Wirkt sich die Kurzarbeit auf das Elterngeld aus?

Arbeitnehmer, die bald Elternzeit beanspruchen wollen, sollten besonders vorsichtig sein. Das Elterngeld beträgt 67 % des Nettoeinkommens, § 2 Abs. 2 S. 2 Bundeselterngeld- und -Elternzeitgesetz (BEEG). Als Nettoeinkommen wird das durchschnittliche Einkommen der letzten 12 Kalendermonate vor dem Monat, in dem das Kind geboren wird, zugrunde gelegt. Fällt eine Kurzarbeitsphase in den Bemessungszeitraum für das Elterngeld, führt dies zu erheblichen Einschnitten beim (späteren) Bezug von Elterngeld.

Aktualisierung: Der Bundestag hat am 07.05.2020 einen Gesetzentwurf der Großen Koalition beschlossen, der die Berechnungsgrundlage für das Elterngeld vorübergehend ändert, so dass durch die Kurzarbeit kein Nachteil beim Elterngeld entstehen soll. Der Bundesrat hat dem Entwurf heute zugestimmt. Monate, in denen der Verdienst wegen der Corona-Krise aufgrund von Kurzarbeit, Freistellung zur Kinderbetreuung oder Arbeitslosengeldbezug geringer als sonst ausfällt, werden aufgrund eines so genannten Ausklammerungstatbestands nicht mitgerechnet. (Stand: 15.05.2020).

Wenn Sie weitere Fragen zum Thema Corona/Covid-19 und Arbeitsrecht haben, vereinbaren Sie einen Gesprächstermin. Fragen Sie.

Die Beratung kann selbstverständlich auch gerne ausschließlich per E-Mail und Telefon erfolgen, wenn dies gewünscht ist.